Teilzeitwunsch nicht ablehnbar wenn Ersatzkraft vorhanden ist
22.10.2003
Arbeitszeiten
Die Flut der Urteile zur Auslegung des Teilzeitanspruchs reißt nicht ab. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschied nun, dass der Arbeitgeber einem Mitarbeiter dessen Wunsch auf Teilzeit nicht unter dem Hinweis auf entgegenstehende betriebliche Gründe ablehnen kann, wenn eine geeignete Ersatzkraft eingestellt werden könnte.
Gemäß § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes kann ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber eine Reduzierung seiner Arbeitszeit verlangen. Das Unternehmen muss diesem Wunsch nachkommen, wenn dagegen keine betrieblichen Gründe sprechen. Ein solcher Grund kann sich auch aus dem Organisationskonzept des Arbeitgebers ergeben, wie beispielsweise der Besetzung im Mehrschichtbetrieb. Dieses Hindernis sah der beklagte Arbeitgeber im nun verhandelten Fall.
Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der für das Unternehmen, einen Hersteller von Getränkedosen und –deckeln, als Betriebselektriker tätig ist. Er verlangte einer Reduzierung seiner monatlichen Arbeitszeit um die Hälfte. Da in dem Produktionsbetrieb im Dreischichtsystem gearbeitet wird und pro Schicht je 2 vollzeitbeschäftigte Betriebselektriker anwesend sind, die über Kenntnisse in einem speziellen Steuerungssystem verfügen müssen, hätte der Arbeitgeber einen Betriebselektriker einstellen müssen, der über eben diese Kenntnisse verfügt. Doch im Normalfall haben Betriebselektriker keine Kenntnisse in dem speziellen Steuerungssystem. Nachdem das Unternehmen erfolglos nach einer entsprechend qualifizierten Ersatzkraft für den Kläger gesucht hatte, teilte es ihm mit, seinem Wunsch nach reduzierter Arbeitszeit könne aus betrieblichen Gründen nicht stattgegeben werden.
Die Richter am Bundesarbeitsgericht befanden nun, dass der Arbeitgeber seine Möglichkeiten bei der Suche nach einem geeigneten Ersatz für den Mitarbeiter noch nicht ausgereizt habe. Das Unternehmen gab in der Verhandlung an, es halte auch einen Elektriker für geeignet, der nicht über die Spezialkenntnisse verfüge. Ob es einen solchen Elektriker hätte finden können, der bereit gewesen wäre, in Teilzeit zu arbeiten, muss nun das zuständige Landesarbeitsgericht herausfinden.
Bundesarbeitsgericht Erfurt; Urteil vom 14.10.2003; Aktenzeichen: 9 AZR 636/02
(Quelle: Personalverlag)