Aufhebungsvertrag kein "Haustürgeschäft"
03.12.2003
Kündigungen
Sie kennen das vielleicht aus eigener Erfahrung: Ein Vertreter klingelt an Ihrer Tür und will Ihnen einen Staubsauger verkaufen. Überrumpelt unterschreiben Sie den Kaufvertrag, überlegen es sich nachher in aller Ruhe aber wieder anders. Ein einfacher schriftlicher Widerruf des Kaufvertrags genügt und der Staubsauger wird nicht geliefert. Eine Arbeitnehmerin aus Brandenburg wollte ihren Arbeitgeber nun mit einem Staubsaugervertreter gleichstellen. Doch das Bundesarbeitsgericht hatte für diesen Vergleich nur ein Kopfschütteln übrig.
Die in einem Hotel als Spülkraft beschäftigte Mitarbeiterin wurde eines Tages in das Büro des Geschäftsführers gerufen. Dort lag bereits ein Aufhebungsvertrag. Und daneben ein Kugelschreiber. Mit ihrer Unterschrift sollte die Spülkraft einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum Ende des folgenden Monats zustimmen. Es folgte ein kurzes Gespräch, eine Unterschrift und der Job war weg. Rund 5 Wochen nach der Unterschrift und 1 gute Woche nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses überlegte es sich die Küchenhilfe aber noch einmal anders. Die Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag habe sie nur geleistet, weil sie in dieser Situation überrumpelt und überfordert gewesen sei. Sie hätte, als sie in das Büro des Geschäftsführers gerufen wurde, nicht mit der bevorstehenden Auflösung ihres Arbeitsvertrages gerechnet. Als dort die schriftliche Einwilligung in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereit lag, habe sie sich in einer vergleichbaren Situation befunden, wie ein ganz normaler Verbraucher, der an
der Haustür von einem Vertreter zu einer Vertragsunterzeichnung verleitet würde. Da in einem solchen Fall ein Widerruf der Vertragsunterzeichnung nach § 312 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) möglich sei, müsse dies auch für ihre Unterschrift unter den Auflösungsvertrag gelten, argumentierte die Mitarbeiterin.
Eine Ansicht, der das Bundesarbeitsgericht nicht folgen wollte. Der neue § 312 BGB, eine Vorschrift aus dem alten Verbraucherschutzgesetz, sei zwar im Zuge der Schuldrechtsreform in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden. Dies bedeute jedoch nicht, dass diese Schutzvorschrift für Verbraucher nun auch für Arbeitnehmer gelte. Allein die Systematik des Gesetzes spreche schon dagegen. Hinzu komme aber auch, dass die Situation alles andere als vergleichbar sei. Ein Verbraucher, der an der Haustüre von einem Vertreter überrascht werde, befinde sich in einer unerwarteten Situation, weil er nicht mit einem Verkaufsgespräch rechne. Ein Arbeitnehmer hingegen müsse damit rechnen, dass es zu einem Gespräch über sein Arbeitsverhältnis komme, wenn er ins Personalbüro gerufen werde. Deswegen sei auch die Unterbreitung eines Aufhebungsvertrags im Büro des Geschäftsführers keine derart unerwartete Situation, wie ein Vertreterbesuch an der Haustür. Ein Widerruf eines im Personalbüro unterschriebenen Aufhebungsvertrags
nach § 312 BGB komme deswegen nicht in Frage, entschied das Bundesarbeitsgericht.
Bundesarbeitsgericht Erfurt; Urteil vom 27.11.2003; Aktenzeichen: 2 AZR 177/03
(Quelle: Personalverlag)