Resolution des CGB Hauptausschusses am 20. Oktober 2005 anlässlich der Koalitionsverhandlungen
24.10.2005
Anlässlich der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD zur Regierungsbildung im Bund erneuert der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) seine Forderungen nach einer sozial gerechten Politik für die kommenden Jahre. Die zukünftige Bundesregierung wird aufgefordert, eine Politik zu betreiben, mit der das verlorengegangene Vertrauen der Bürger in Deutschland zurückgewonnen werden kann.
Mit den „Standpunkten 2005 – Die etwas anderen Forderungen zur Bundestagswahl“ hat der CGB seine politischen Schwerpunkte für die kommenden Jahre veröffentlicht. Die Vorstellungen und Forderungen sind in einem Koalitionsvertrag zu berücksichtigen. Sie sind für eine nachhaltige Politik des Vertrauens unerlässlich.
Für den größten politischen Auftrag der Politik hält der CGB die Schaffung von Rahmenbedingungen, damit die Gewerkschaften leichter ein sozial gerechtes Arbeitsleben organisieren können. Dafür ist es unerlässlich, dass den Tarifvertragsparteien wieder Spielräume für Tarifverhandlungen gegeben werden. Das Arbeitsrecht ist weiterzuentwickeln und die sozialen Sicherungssysteme sind so zu organisieren, dass eine nachhaltige Finanzierbarkeit garantiert ist.
Der CGB erwartet von einer neuen Bundesregierung, dass die Tarifautonomie unangetastet bleibt. Betriebliche Bündnisse für Arbeit sind überall dort notwendig, wo Arbeitsplätze gesichert werden können. Ohne die Einbeziehung der Tarifvertragsparteien in einen solchen Prozess bleibt jedoch jeder Abschluss nur Stückwerk. Es muss garantiert bleiben, dass nicht jedermann Tarifverträge aushandeln und abschließen kann. Bestimmte Voraussetzungen sind an die Tarifvertragsparteien zu stellen, um ihnen den Abschluss von Tarifverträgen zu ermöglichen. Alles andere zerstört das ordnungspolitische Instrument des Tarifvertrages und wird den Druck auf die Politik nach Einführung gesetzlicher Mindestlöhne nur erhöhen. Diese werden vom CGB jedoch nach wie vor abgelehnt.
Das Arbeitsrecht ist in der Bundesrepublik Deutschland zu vereinfachen und in einigen Punkten auch zu entschlacken. Dabei dürfen die Arbeitnehmer-Schutzrechte nicht eingeschränkt werden. Aus Sicht des CGB sind die Chancen gewachsen, in einer großen Koalition ein einheitliches Arbeitsgesetzbuch zu erarbeiten und zu verabschieden.
Die zukünftige Bundesregierung wird aufgefordert, bei der betrieblichen Mitbestimmung verstärkt auf die besonderen Schutzinteressen der Minderheitengruppen in den Betrieben einzugehen. Deshalb ist eine zukünftige Bundesregierung aufgefordert, die sog. Biedenkopfkommission zu erweitern und Vertreter aller Gewerkschaften zu berufen, was bislang unterblieben ist.
Die Lohnnebenkosten müssen sinken. Deshalb fordert der CGB die Politik auf, dass eine steuerliche Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Zuge einer großen Einkommensteuerreform erfolgt. Viel wichtiger ist aber die zwingend erforderliche Reform zur Finanzierung unserer gesetzlichen Sozialversicherungssysteme. Hier ist die Politik aufgefordert verlässlich und kalkulierbar zu arbeiten. Wenn Beitragssenkungen versprochen werden, dann müssen sie auch vorgenommen werden. Die Fremdverwendung von Kassenüberschüssen ist nicht zulässig und moralisch verwerflich.
Der CGB fordert die Politik auf von Plänen Abstand zu nehmen, mit denen die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung vom Arbeitgeber zukünftig zu Beginn eine Kalendermonats abzuführen sind. Wie sollen Unternehmen, deren Kapitaldecke ohnehin schon sehr dünn ist, eine zusätzliche Monatsabgabe an die Sozialversicherung vorfinanzieren? Sollte dieser Plan Gesetz werden, so erwartet der CGB einen rapiden Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. Außerdem werden zusätzliche bürokratische Hürden aufgebaut. Zukünftig müsste das Abführen des Sozialversicherungsbeitrages von jedem Beschäftigten mindestens zwei Mal geprüft werden.
Es ist der Eingang des Betrages zu prüfen, der sich am prognostizierten Bruttomonatseinkommen des Arbeitnehmers orientiert. Im Folgemonat ist der tatsächlich abzuführende Beitrag zu berechnen, und mit dem bereits abgeführten Betrag zu verrechnen. Diese doppelte Berechnung hat sowohl bei den Sozialversicherungsträgern, als auch in den Personalabteilungen der Unternehmen zu erfolgen. Das ist ein unverantwortlicher Bürokratiezuwachs, ohne dass an der Finanzsituation der Sozialversicherungsträger nachhaltig etwas verbessert wird. Mit genau einer solchen kontraproduktiven Politik muss zukünftig Schluss sein.
Das sind nur einige Beispiele. Der CGB erwartet von politischem Handeln einer künftigen Bundesregierung mehr Planbarkeit und Zuverlässigkeit. Der CGB erwartet endlich wieder eine Gesetzgebung aus einem Guss. Es ist darauf zu verzichten, mit Stückwerk an einigen Symptomen zu arbeiten und das auch nicht einmal substantiiert.
Berlin, 21. Oktober 2005