Verfahren gegen CGZP ist Rechtsmissbrauch!
12.12.2005
Am 14. Oktober 2005 ging beim Arbeitsgericht Berlin ein Antrag eines einzelnen Arbeitnehmers aus der Zeitarbeit gegen die CGZP ein. Dieser Arbeitnehmer will festgestellt wissen, dass es sich bei der CGZP nicht um eine tariffähige Spitzenorganisation im Sinne des Tarifvertragsgesetzes handelt. Ausgangspunkt war ein Verfahren dieses Beschäftigten vor dem Arbeitsgericht Herne in NRW, wo es lediglich um Kündigung und Leistung ging. Der frühere Arbeitgeber des Antragstellers ist Mitglied des AMP.
Das deutsche Arbeitsrecht lässt derartige Verfahren zu. Grundlage ist der § 97 des Arbeitsgerichtsgesetzes, der es möglich macht, dass irgendwer einen Antrag gegen eine Organisation mit tausenden Mitgliedern, wenn man so will Kolleginnen und Kollegen des Antragstellers, stellt, um diesen Mitgliedern per Gerichtsbeschluss ihre gewerkschaftliche Heimat zu nehmen. Derartige Verfahren können von jedem Arbeitsgericht in Deutschland ausgehen.
Befasst man sich mit den Hintergründen dieses neuen Verfahrens, so wird man sehr schnell merken, dass es nicht um den einzelnen Arbeitnehmer als Antragsteller geht, sondern dass hinter dem Verfahren die IG-Metall steckt. Ebenso wird man feststellen müssen, dass es nicht um Recht und Gesetz geht, sondern um das Ausschalten einer Konkurrenz und dass es last not least darum geht, sich die gesamte Branche Zeitarbeit gewissermaßen „unter den Nagel zu reißen“, um von der eigenen Schwäche mit Hilfe der Arbeitsgerichtsbarkeit und des Gesetzgebers abzulenken.
Im einzelnen: Bereits im Sommer des Jahres 2005 hatte ein Sprecher der IG-Metall angekündigt, es werde demnächst ein Antrag gegen die CGZP beim Arbeitsgericht Berlin eingehen. Prozessvertreter des Antragstellers ist demzufolge eine Anwaltskanzlei aus Landsberg, welche auch die IG-Metall gegen die CGM vertritt. Kein einzelner Beschäftigter aus dem Herzen des Ruhrgebietes nimmt sich eine Anwaltskanzlei aus Landsberg um dann mittels dieser in Berlin zu prozessieren!
Darüber hinaus geht es bei dem Verfahren gegen die CGZP um einen sehr hohen Gegenstandswert, nimmt man drei Instanzen Rechtsweg an, was man durchaus annehmen muss. Beim Ursprungsverfahren des einzelnen Beschäftigten ging es noch um ganze 800 Euro. Da im Arbeitsgerichtsverfahren jede Partei ihre Kosten selbst tragen muss, im Beschlußverfahren geradezu erst recht, würde dies bedeuten, dass ein einzelner Zeitarbeitnehmer wegen einem Betrag von 800 Euro, welchen er von seinem Arbeitgeber zu erhalten hätte, selbst nun Streitwertkosten von mehreren tausenden Euro aufbringt, rechnet man die eigenen Anwaltskosten dazu. Ursprünglich wurde der Beschäftigte durch die DGB-Rechtsschutz-GmbH vertreten, diese gab das Verfahren dann ab. Der Arbeitnehmer aus der Zeitarbeit verzichtet also auf 800 Euro um tausende für ein derartiges Verfahren aufzubringen?
Offensichtlich hat aber die IG-Metall Deckungszusage erteilt und der bedauernswerte Kollege aus dem Ruhrgebiet gibt nur noch seinen Namen her.
In dem Verfahren gegen die CGZP wird zunächst argumentiert, alle Mitgliedsgewerkschaften der CGZP seien nicht tariffähig. Genannt werden dabei u.a. der DHV – Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband und die CGM – Christliche Gewerkschaft Metall. Genau hier aber wird es abenteuerlich, denn der DHV hat eine rechtskräftige Feststellung seiner Tariffähigkeit und die CGM hat diese durch das LAG Stuttgart und möglicherweise am 24. Januar 2006 durch das BAG.
Es wird also versucht, beim Arbeitsgericht Berlin eine Verfahren neu zu eröffnen, gegen Einzelgewerkschaften des CGB, die bereits bei den wirklich zuständigen Gerichten zugunsten der CGB-Gewerkschaften abgeschlossen sind, bzw. werden. Rechtsmissbrauch!
Dem Antrag beim AG Berlin liegen dazu offenbar „Recherchen“ zugrunde, die vor Halbwahrheiten und Vermutungen, sowie einfachen Unterstellungen nur so strotzen. Dazu hatte man wohl mit getarnten Telefonaten in der Vergangenheit versucht, Informationen zu erhalten. Was dabei heraus kam, stellt eine besonders schäbige Form der Diskriminierung dar, hat aber mit der Wahrheit nichts zu tun. Das Niveau derartiger Recherchen liegt deutlich unter dem der so genannten „Yellow-Press“!
Hauptsache, man hat ein Verfahren eröffnet und kann nun darauf verweisen, dass da „etwas nicht stimmt, weil da ja ein Verfahren läuft“! Rechtsmissbrauch!
Seit der deutsch-deutschen Vereinigung hat der DGB, haben seine Mitgliedsgewerkschaften 4 Millionen Mitglieder verloren. Nunmehr scheint jedes Mittel recht, dem entgegen zu steuern. Wer seinen eigenen Laden nicht in den Griff bekommt, der versucht sich in den Angriff gegen seine Konkurrenz zu retten. Die Zuhilfenahme des § 97 Arbeitsgerichtsgesetz, um eigene Unzulänglichkeiten zu konterkarieren, ist Rechtsmissbrauch pur!
Und schließlich sind der DGB und die IG-Metall, ebenso wie andere DGB-Gewerkschaften in der Zeitarbeit nicht tariffähig. Diese Meinung wird in der Literatur stets mit einiger Berechtigung und im Grunde unwidersprochen vertreten (zuletzt Prof. Frank Bayreuther in BETRIEBSBERATER Nr. 48 vom 18.11.2005).
Zitat:
Staatliche Verleihung der Tariffähigkeit im Arbeitnehmerüberlassungsrecht?
Wenn (oben) ausgeführt wurde, dass die Tariffähigkeit nicht durch staatlichen Akt verliehen wird, so bedeutet das nicht, dass der Staat bestimmten Vereinigungen, die von sich aus nicht zur Regelung der Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen berufen sind, durch konstitutiven Zuweisungsakt Tariffähigkeit verleihen könnte. Insoweit stellt sich dann allerdings meist die Frage, ob natürliche Tarifparteien hiergegen einen Konkurrenzschutz reklamieren können, die hier aber nicht näher interessiert. Prominentestes Beispiel für einen solchen Delegationsakt sind die Handwerksinnungen (§§ 54 Abs. 3 Nr. l, 82 S. l Nr. 3, 85 Abs. 2 i.V. m. 82 Nr. 3 HandwO).
In einer auf den ersten Blick ungewöhnlichen Gestalt findet sich ein solcher Delegationsakt in der aktuellen Rechtsentwicklung dann in Gestalt des equal-pay-Grundsatzes des AUG. Nach §§ 3 Abs. l Nr. 3, 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG kann der Verleiher nämlich die Verpflichtung zur Gewährung der im Entleihbetrieb vorherrschenden Arbeitsbedingungen durchbrechen, wenn er an einen Tarifvertrag gebunden ist, der eine hiervon abweichende Regelung vorsieht. Zu Unrecht ist daher angezweifelt worden, ob die nach dem In-Kraft-Treten des novellierten AÜG abgeschlossenen Leiharbeits-tarifverträge wirksam sein können. Es mag zwar sein, dass die tarifschließenden Gewerkschaften (neben verschiedenen DGB-Gewerkschaften insbesondere auch die christlichen Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA) in der Branche kaum über Mitglieder verfügen und mithin dort nicht tariffähig sind. Der am Regelfall „freier Tarifverhandlungen" ausgerichtete Begriff der Tariffähigkeit passt hier aber nicht. Die Gewerkschaften gewinnen im Bereich der Leiharbeit ihre Durchsetzungsfähigkeit durch Staatshilfe, und zwar über den Konstrukt- des Gleichstellungsgrundsatzes. Denn die Gewerkschaft muss nur mit der Nichtaufnahme bzw. dem Scheitern von Verhandlungen drohen, um die Arbeitgeber zu einem Tarifabschluss zu bewegen, da diese ansonsten dem für sie wirtschaftlich kaum leistbaren equal-pay-Grundsatz unterworfen bleiben. Freilich ist mehr als fragwürdig, ob der Staat derart das freie Widerspiel der Kräfte zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberseite zu Gunsten der Arbeitnehmerseite verschieben darf. Das BVerfG indes hat dies in seinem Beschluss vom 29. 12. 2004, mit dem es die von einigen Leiharbeitsunternehmen gegen die AÜG-Novelle erhobene Verfassungsbeschwerde als offensichtlich unbegründet nicht zur Entscheidung angenommen hat, unbeanstandet gelassen.
Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dass die bislang durch die Gewerkschaften erreichten Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer nicht hinreichend günstig seien oder dass sie zu Lasten des Arbeitnehmers stark vom gesetzgeberischen Leitbild des AÜG nach unten abweichen würden, demzufolge dem Leiharbeitnehmer an sich die Arbeitsbedingungen des Entleihbetriebs zukommen sollen. Letztere Überlegung ist schon deshalb nicht zutreffend, weil der Gesetzgeber durch die Tariföffnung einer Regelung den Tarifvertragsparteien keine Gestaltungsgrenzen für tarifliche Regelungen vorgibt, sondern sie nur auf die Einhaltung elementarer gesetzlicher Grundprinzipien verpflichtet; selbstverständlich dürfen Tarifregelungen daher auch „nach unten" vom gesetzlichen Standard abweichen. Und ob die Arbeitsbedingungen der betreffenden Tarifverträge für die Arbeitnehmer ausreichend gut sind, muss außer Betracht bleiben, weil eine Inhaltskontrolle derselben eben nicht stattfinden darf. Selbst wenn man mit dem vorstehend vertretenen Ansatz eine (enge) Missbrauchsprüfung für denkbar halten würde (oben, II.3.), wäre das Ergebnis kein anderes. Denn davon, dass die Tarifpartner hier erkennbar eine Einigung zu Lasten der Arbeitnehmer vollzogen hätten, kann angesichts des Umstands, dass die Leiharbeitstarifverträge zu Gunsten der betroffenen Arbeitnehmer immerhin einen Mindestschutz im Rahmen der bislang oft prekären Arbeitsverhältnisse der Branche etabliert haben, keine Rede sein.
Zitat Ende
Da kommt ein solches Verfahren gerade recht. Sollte die IG-Metall nämlich gewinnen, was nicht geschehen wird, dann würde ihr die Zeitarbeit nämlich in den Schoß fallen, ohne dass DGB und IG-Metall noch etwas dazu tun müssten. Den Unternehmen bleibt nämlich nichts anderes übrig, wollen sie equal pay verhindern, als dann vor der IG-Metall und den anderen DGB-Gewerkschaften zu Kreuze zu kriechen. Sie,die Unternehmen, sind darauf angewiesen, Tarifverträge vorzuweisen. Dies aber wäre der Beginn dessen, was längst zu den grundlegenden Absichten der DGB-Gewerkschaften gehört: Dem Ende der Zeitarbeit in jeder bisherigen Form!
Rechtsmissbrauch!
Wie dargelegt, kommt es der IG-Metall aber nicht auf den unbedingten Erfolg eines solchen Verfahrens an, sondern darauf, dieses Verfahren zu führen. Dies allein schafft Verunsicherung und damit die Destabilisierung einer ganzen Branche. Insofern werden wir feststellen, was wir aus anderen Verfahren bereits kennen: Verzögerungstaktik und Veröffentlichungen mit dem Ziel, mit dem Finger auf den Splitter im Auge des Anderen zu zeigen, um den Balken im eigenen Auge zu verbergen!
Für die Tarifpartner der CGZP sollte daher ein Interesse bestehen, einer solchen Entwicklung mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln entgegen zu steuern. Die Tarifverträge der CGZP haben auf dem Markt einen sehr hohen Anwendungsgrad. Sie sind und sie bleiben rechtskräftig! Es besteht kein Grund zur Panik und erst recht kein Grund dazu, an der bestehenden Tarifpartnerschaft etwas zu verändern.
Die CGB-Gewerkschaften sind kampferprobt. Sie stellen sich seit Jahrzehnten derartigen Verfahren und existieren nicht nur immer noch, sie sind dadurch stärker geworden. Dies gilt insbesondere auch für die CGZP. Nachdem man über Jahre hinweg versuchte, Partnerunternehmen der CGZP aus der Auftragsvergabe auszuschließen, gehen unsere Gegner nun einen anderen Weg. Dieser wird ebenso wenig zum Ziel führen, wie es dies in der Vergangenheit geschehen ist.
Detlef Lutz
stell. Vorsitzender der CGZP
stellv. Bundesvorsitzender der CGM
12. Dezember 2005