Update: EuGH-Gutachten zu langen Überlassungen
10.09.2021
Wie bekannt, sind derzeit beim EuGH einige Verfahren anhängig, welche sich mit Grundsatzfragen der deutschen AÜ-Gesetzgebung befassen. In einem davon geht es u.a. darum, zu klären, wie der Begriff „vorübergehend“ des Art. 1 der EU-Zeitarbeitsrichtlinie auszulegen ist und welche genauen Rahmenbedingungen für die Überlassungshöchstdauer und der Abweichung durch Tarifverträge bestehen. Im Fall des antragstellenden Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg ging es um einen Leiharbeitnehmer, der insgesamt 5 Jahre im Einsatzbetrieb war.
Für diese Anfrage wurde dem EuGH nun ein Gutachten vorgelegt, welches zur Entscheidungsfindung der Richter beitragen soll.
Mit konkreten Aussagen hält sich der Gutachter dabei ersten Meldungen zufolge zurück.
Es heißt in dem Gutachten, dass eine „objektive Erklärung“ vonnöten sei, wenn Leiharbeiter mehrmals in Folge an das gleiche Unternehmen vermittelt werden. Der Gutachter empfiehlt dem anfragenden Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, es möge prüfen, ob die Überlassungspraxis zu einer längeren Beschäftigungsdauer geführt habe als das, was "vernünftigerweise" als vorübergehend betrachtet werden könne.
Generell -und hier wird es griffiger und interessanter- begründe selbst ggf. missbräuchlicher Einsatz der Leiharbeit keinen Anspruch auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem ausleihenden Unternehmen.
Es bleibt nun abzuwarten, wie die Luxemburger Richter das Gutachten in ihre, in den nächsten Monaten zu erwartende, Entscheidung einfließen lassen und ob sie sich zu einigen Konkretisierungen entschließen können.
Update 14.09.2021: Der Verlag Dr. Otto Schmidt zitiert eine Pressemitteilung des EuGH, welche weitere Details zutage fördert, aber aktuell auf der Homepage des EuGH jedoch noch nicht auffindbar ist. Laut dieser Mitteilung handelt es sich bei dem besagten Gutachter um EU-Generalanwalt Tanchev. Eine bemerkenswerte Randnotiz in der Stellungnahme erklärt die Stichtagsregelung 1.4.2017 für unvereinbar mit der EU-Richtlinie. Im deutschen AÜ-Recht werden Überlassungszeiten vor diesem Stichtag bei der Berechnung der (Höchts-)Überlassungsdauer derzeit außen vor gelassen. Jedoch dürften aufgrund der langen Zeitspanne seit diesem Stichtag inzwischen kaum noch praxisrelevante Überlassungen laufen.
Quelle: Volksstimme / Rheinpfalz / Bild: depositphotos.com ID: 78261856
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