23.12.2004
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Wie wir am 16.12.2004 berichteten, wurden die gekündigten Entgelttarifverträge Zeitarbeit Ost und West bis zum 30.06.2005 und der auslaufende Entgelttarifvertrag für Dienstleistungsunternehmen B.O.L.E.R.O. bis zum 31.12.2005 verlängert. Darauf hatten sich die Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen (BVD) mit der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) in einer dritten Verhandlungsrunde am 14.12.2004 verständigt.
In einem schriftlichen Interview mit Olaf Junge, dem Hauptgeschäftsführer der BVD, erfragten wir Ursachen und Hintergründe für dieses Verhandlungsergebnis.
Personalorder: Da auch die zweite Verhandlungsrunde am 01.12.2004 ohne Erfolg abgebrochen wurde, scheinen erhebliche Meinungsverschiedenheiten vorgelegen zu haben.
Olaf Junge: Während die erste Tarifrunde, wie üblich, im Zeichen des Austausches wirtschaftlicher Grunddaten und der Empfangnahme der tarifvertraglichen Vorstellungen der Gewerkschaftsseite stand, wurde in der zweiten Tarifrunde primär die Wettbewerbssituation auf dem Zeitarbeitsmarkt in Deutschland diskutiert. Die Gewerkschaft machte dabei ihren Wunsch deutlich, eine Harmonisierung der unterschiedlichen, von ihr selbst abgeschlossenen Tarifverträge in Bezug auf die im Bereich der Zeitarbeit tätigen Organisationen herbeizuführen.
Personalorder: Worin bestanden die Hauptverhandlungspunkte und in welchen dieser Punkte konnte keine Einigung erzielt werden?
Olaf Junge: Im Vordergrund der Erörterungen standen die Tarifverträge des AMP nach der Fusion von INZ und MVZ. Die BVD-Seite war grundsätzlich bereit, auf diese Harmonisierungsbemühungen einzugehen, konnte sich jedoch ohne nochmalige Rückversicherung bei ihren Mitgliedern nicht auf einen Lösungsvorschlag einlassen, der im wesentlichen die Übernahme der AMP-Tarife West bedeutet hätte, auch wenn in der besonders kritischen Eingangsstufe E1 ein Entgegenkommen der Gewerkschaft dergestalt möglich gewesen wäre, dass in dieser Stufe die Festlegung, unabhängig von den Prozentsätzen, auf € 5,92 vorgenommen worden wäre.
Die angestrebten Harmonierungsbemühungen wurden dann dadurch konterkariert, dass entgegen den Bekundungen der Gewerkschaftsseite, außer den zwischenzeitlich gekündigten NEPTUN-Verträgen seien keine weiteren Tarifverträge unterhalb der Verbandssätze mehr in Kraft, sich zeigte, dass ein Tarifvertragswerk mit einer Artos-Unternehmensgruppe von den Christlichen Gewerkschaften abgeschlossen worden ist, das entgegen diesen Versicherungen nochmals unterhalb dieser Tarifsätze liegt.
Wir haben daher beabsichtigt, die Tarifverhandlungen zum Scheitern zu bringen. Nachdem die Gewerkschaftsseite aber versichert hatte, dass sie sich selbst hinsichtlich dieser mit der Artos-Unternehmensgruppe abgeschlossenen Tarifverträge um deren Auflösung bemühe, da diese Tarifverträge nach ihrer eigenen Auffassung nicht rechtswirksam abgeschlossen worden seien, haben wir als Kompromiss die bisherigen Tarifverträge um sechs Monate verlängert. In dieser Zeit hat die Gewerkschaftsseite die Möglichkeit, die um die Artos-Haustarifverträge bestehenden Schwierigkeiten zu klären. Sollte sich herausstellen, dass diese Tarifverträge tatsächlich rechtsunwirksam sind, besteht auf Seiten der BVD die Absicht, im Rahmen der angedachten Harmonisierung Tarifverträge neu mit dem CGZP zu vereinbaren, die, zumindest in den Eckgehältern eine Gleichsetzung mit den AMP Tarifverträgen bedeuten.
Zusätzliche Änderungen werden sich noch in den Rahmentarifverträgen ergeben, die aber noch nicht zu Ende verhandelt sind.
Personalorder: Wie kann die jetzige Einigung über die Verlängerung der bestehenden Entgelttarifverträge beurteilt werden?
Olaf Junge: Grundsätzlich kann die gegenwärtige Situation positiv beurteilt werden, da die vom BVD-Zeitarbeittarif erfassten Unternehmen, anders als die Mitglieder des IGZ, Rechtssicherheit im Hinblick auf die geltenden Tarifverträge bis zum 30.6.2005 haben. Darüber hinaus besteht die berechtigte Hoffnung, auch über diesen Zeitraum hinaus zu einer der wirtschaftlichen Situation der Zeitarbeit angemessenen Lösung für die Zukunft zu kommen. Gleichzeitig ist im wesentlichen vorgezeichnet, dass, zumindest bei den unteren Lohngruppen und den Ecklöhnen, keine wilde Tarifkonkurrenz zwischen den Verbänden der Zeitarbeit mehr besteht, soweit sie den Tarifpartner Christliche Gewerkschaften haben. Dies wird zu einer Stabilisierung der Tariflandschaft beitragen und die Position der nicht dem Kartell des DGB angeschlossenen Zeitarbeitsunternehmen am Markt langfristig stärken.
Wir bedanken uns bei Herrn Olaf Junge für das gegebene Interview.
(Quelle: BVD / personalorder.de)