Diskussion um EU-Dienstleistungsrichtlinie geht am Kernproblem vorbei
16.02.2006
Im Hinblick auf die Abstimmung im Straßburger EU-Parlament am 16. März 2006 hat der Generalsekretär des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB) Gunter Smits zu Korrekturen bei der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie aufgefordert.
Der im EU Parlament ausgehandelte Kompromiss für die Dienstleistungsrichtlinie gehe grundsätzlich in die richtige Richtung, so der CGB Generalsekretär. „Wir begrüßen vor allem, dass in der jetzt vorliegenden Fassung das Herkunftslandprinzip gestrichen wurde. Damit gelten auch für Arbeitskräfte aus dem EU Ausland weiterhin die deutschen Standards.“ Gleichzeitig weist Smits aber auf die darüber hinaus wichtigen, in der Richtlinie noch ungeklärten Fragen der Kontrolle und Rechtsdurchsetzung hin.
Das EU-Parlament muss „vor allem eine sinnvolle Lösung finden, die die arbeitsrechtlichen Gegebenheiten im Zielland in den Vordergrund stellt und effektive Kontrollinstrumente installiert, die ihre Wirkung sowohl im Herkunftsland als auch im Zielland entfalten.“ Dazu gehöre zum Beispiel eine praktikable, d.h. durchsetzungsfähige Lösung für die Frage der Niederlassungsdefinition, welche notwendig ist, um eine Dienstleistungserbringung über bloße Briefkastenfirmen ausschließen zu können. „Dieser Punkt ist, wie andere wichtige Detailfragen in der Richtlinie, weiterhin sehr unscharf formuliert“, so Smits. „Auch hier muss im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwingend nachgebessert werden.“
Bei der aktuellen Diskussion um die EU-Dienstleistungsrichtlinie dürfe jedoch, so Smits, das Wesentliche nicht außer Acht gelassen werden: „EU-Ausländer arbeiten bereits heute in Deutschland auf niedrigstem Lohnniveau. Dies ist keine Utopie, sondern bereits heute sehr ernst zu nehmende Realität. Ob die EU-Dienstleistungsrichtlinie auch mit weiteren Korrekturen und Anpassungen dies letztendlich zu verhindern vermag, muss bezweifelt werden.“ Für die Erhaltung der Arbeitsplätze unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müsse daher, so der CGB Generalsekretär, das Kernproblem gelöst werden. Dieses liege jedoch nicht bei der Europäischen Union, sondern in Deutschland. „Die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, also auch Lohnfragen können auch künftig nur national geregelt werden“, so Smits. „Hier muss über neue Regelungen, z. B. bei der Scheinselbstständigkeit nachgedacht werden. Eine verantwortungsbewusste nationale Tarifpolitik muss hier gegensteuern. Brüssel kann dabei wenig helfen.“
Berlin, 15. Februar 2006